Abenteuer Irland - Große Seeforellen mögen es unkonventionell
Seit meiner ersten, sehr kurzen Begegnung während einer Irlandrundreise spukte dieses Gewässer in meinem Kopf unentwegt umher. Hochkapitale Hechte sollte es hier geben und wilde Seeforellen in beachtlicher Zahl und Größe. Eine grandiose Landschaft, sanfte Hügel, weidende Schafe und Wasser soweit das Auge reicht. Wir mussten ihn besuchen den großen Kalksteinsee im Westen der grünen Insel Irland und erlebten dabei schier Unglaubliches.
Auf zur grünen Insel
Bereits die personelle Zusammenstellung unserer Reisetruppe hätte erahnen lassen müssen, dass der Lough Mask so Einiges für die nächsten gut acht Tage bereithalten sollte. Neben zwei erfahrenen Raubfischanglern rundeten ein Karpfenspezi mit, gelinde gesagt, wenig Interesse für das zähnetragende Fischvolk, sowie Christoph als blutigem Anfänger unsere Reisegesellschaft ab. Mit zwei Booten und jeweils einem erfahrenen Schleppangler an Bord sollte es schon klappen mit den Raubfischen, auch für die nicht so Erfahrenen…so dachten wir… Nach einer Nacht in Dublin durchquerten wir tags darauf die grüne Insel und erreichten am späten Nachmittag den riesigen See an der Westküste Irland. Schnell bezogen wir unsere Lodge, ein einstöckiges Blockhaus mit großer Loggia und offenem Kamin in schier atemberaubender Lage, und zogen uns sehr früh schon in unsere Zimmer zurück. Nur mit meinem Schlaf wollte es einfach nicht klappen, ganz so als hätte mein Unterbewusstsein schon den Kopf geschüttelt in Erahnung der Dinge, die da auf uns zukommen sollten.
Schwieriger Start
Der Reigen der Ungewöhnlichkeiten fand seinen Anfang beim Karpfenspezi, der tags darauf bereits nach wenigen Würfen mit Gummifisch seine erste Brown Trout (Irische Bachforelle) der 50 cm Marke über den Kescherrand führen konnte. Nicht schlecht! Das ging ja wie geschmiert. Darauf folgte ein 109 cm und gut 20 pfündiger Hecht, welchen Raubfischspezi Rudi am frühen Morgen des zweiten Angeltages auf einen am Boden gezupften Gummifisch zum Biss verleiten und für einen kurzen Fototermin an Land bitten durfte. Damit war die eigentliche Rangordnung wieder hergestellt, die erfahrenen Raubfischangler zeigten gehörig auf…zumindest einer davon. Ich war schon mit dem leichten Aufwärtstrend mehr als zufrieden, als ich am Folgetag zwei Hechte ins Boot holen konnte. Keine Riesen zwar, aber immerhin Fisch. Nur bei Christoph wollte es nicht klappen. Nach einigen Tagen immer noch nichts. Nun gut, die Bedingungen waren einfach nicht besonders, mit strahlendem Sonnenschein und spiegelglattem Wasser von früh bis spät waren die Chancen auf eine hoch stehende Forelle zu stoßen gering, und die Hechte hatten offensichtlich ihr Laichgeschäft noch nicht zur Gänze angeschlossen. Guide Brian sagte es zwar nicht direkt, aber insgeheim wird er wohl unsere Chancen auf eine große Forelle als sehr gering eingeschätzt haben, zumal sich an den Wetterbedingungen die ganze Woche nichts Entscheidendes ändern sollte. Und, wie bereits eingangs angedeutet, die anglerischen Künste von Christoph waren noch ein gutes Stück von Perfektion entfernt, zumal sich das Greenhorn nichts, aber auch gar nichts sagen lassen wollte.
Die Trendwende
Erstaunlicherweise aber ließ sich Christoph vom Misserfolg kaum entmutigen und war stets als Erster auf. In der Zwischenzeit hatten wir uns auf dem riesigen See einigermaßen zurecht gefunden und doch einige Seebereiche aufgespürt, in denen wir beim intensiven Schleppen mit tief tauchenden Wobblern die eine oder andere Seeforelle an den Haken bringen konnten. Insgesamt aber blieben die Schlepperfolge eher mäßig mit immer wieder etlichen Stunden ohne Biss, sodass sich Christoph mehr und mehr auf die Uferangelei konzentrierte. Und schließlich klappte es dann doch noch: Bei einem abendlichen Ansitz mit Grundrute und Köderfisch fing Christoph einen knapp 60 cm langen Hecht. Die Freude war natürlich riesengroß: „Endlich Fisch“ und „Der Bann ist gebrochen“, war zu hören. Uns anderen jedenfalls fiel ebenfalls ein Stein vom Herzen, hatte damit doch jeder von uns vieren zumindest einen vorzeigbaren Raubfisch gefangen.
Große Seeforellen mögen es unkonventionell
Nun aber war Christoph, durch seinen ersten Erfolg angetrieben, nicht mehr von jener unscheinbaren Uferpartie, einem felsigen, rasch bis auf gut 10-12 m Wassertiefe abfallenden Uferbereich zu trennen. Angelfreund Rudi fischte fortan ebenfalls vom Ufer. Mich hingegen zog es weiterhin im Boot auf den See. Nicht ganz erfolglos, denn knapp am Ende unseres Anglertrips gelang mir doch noch der Fang einer wunderbaren, gut 65 cm langen Ferox Trout, wie hier die räuberisch lebende und großwüchsige Seeforelle genannt wird. Was sich aber an jenem unscheinbaren, felsigen Ufer, ganz in der Nähe unserer Lodge an der Grundrute abspielen sollte, kann ich bis heute kaum glauben. Jedenfalls kamen wir spät abends von einer ausgiebigen Schleppfahrt zurück, als uns das erstaunliche Erlebnis von Rudi zugetragen wurde. Ein gewaltige Seeforelle habe Christophs tote Rotfeder, welche sich, da an der Schwanzwurzel geködert, sozusagen im Rückwärtsgang durch Kurbelbewegungen Richtung Ufer bewegte, bis ans Ufer verfolgt und sei erst widerwillig abgedreht, als Christoph nicht den Rollenbügel öffnete, um den Köderfisch wieder absinken zu lassen. Eine unglaubliche Forelle, die zu fangen man vielleicht einmal im Leben die Chance bekäme, sei verloren, und Schuld sei eben die Unerfahrenheit und Unaufmerksamkeit Christophs, so die Meinung des Augenzeugen Rudi. Bis spät in die Nacht diskutierten wir noch weiter und bestimmt ein Dutzend Mal mussten die beiden Uferangler mir die unglaublichen Maße der Forelle bestätigen. Sie waren sich einig: Schließlich hätten sie die Forelle in ihrer ganzen Mächtigkeit gesehen, 90 cm lang sei die Forelle gewesen, bestimmt, vielleicht auch mehr…. Was uns aber fast zur Weißglut brachte war Christophs Gelassenheit, er meinte, dass die Forelle eben nicht konsequent genug gewesen sei. Der Fisch werde schon noch einmal kommen, wenn er denn wolle. Unserem Kopfschütteln zum Trotz und entgegen unseren Prophezeiungen, dass ein solcher Fisch sicher, ja ganz sicher, nicht noch einmal kommen würde, legte Christoph am darauf folgenden Morgen erneut denselben Köderfisch an besagtem Ort aus. Als gegen 10 Uhr vormittags mein Handy klingelte, ahnte ich bereits das Unglaubliche, was mir Rudi durchs Telefon stammeln sollte. Die knapp 90 cm lange Seeforelle, ein späteres Wiegen brachte ein Ergebnis von über 11 Pfund, hatte tatsächlich erneut den ausgelegten toten Köderfisch am Stahlvorfach genommen und einen atemberaubenden Drill geliefert. Als wir dann schließlich von unserer Schleppfahrt in unserer Lodge ankamen, saßen beide, Rudi und der strahlende Fänger Christoph in der Küche bei einem Glas Guinness Bier und auf dem Küchentisch lag die Prachtforelle.
Bis in die Nacht wurde gefeiert und wir konnten uns nicht satt hören an der unglaublichen Fanggeschichte von Christophs erster, jawohl aller ersten (!) Forelle.
Seit damals schmückt die große Forelle als Trophäe Christophs Wohnzimmer in Innsbruck und wird uns vier immer an die unvergesslichen Tage am zauberhaften Lough Mask erinnern, mit seinen großen Hechten und wundervollen Seeforellen.
Text: FishFirst