Liebe unter Wasser - Fortpflanzungsstrategien bei Fischen
Die Welt der Fische ist enorm vielfältig, dies drückt sich auch im Bereich der Fortpflanzung aus. Alle nur erdenklichen und bisweilen schier unglaubliche Strategien haben Fische entwickelt, um erfolgreich für Nachwuchs zu sorgen und ihre Gene an die nächste Generation weiterzugeben. Auf einige Fortpflanzungsstrategien der Flossenträger mit Südtirol Bezug geht dieser Artikel näher ein.
Einleitung
Alle Fischarten Südtirols weisen eine äußere Befruchtung als Fortpflanzungsstrategie auf. Dabei gibt das geschlechtsreife, weibliche Tier (Rogner) die reifen Eier (Rogen) ins Wasser ab, wo diese durch den männlichen Geschlechtspartner (Milchner) befruchtet werden. Dann entwickeln sich die befruchteten Eier im Wasser je nach Wassertemperatur und je nach Fischart binnen weniger Tage bis zu vielen Wochen. Aus den Eiern schlüpfen nach einer gewissen Entwicklungszeit die Larven, welche sich noch eine gewisse Zeit von den Nahrungsreserven des Dottersacks ernähren. Nach Aufzehren desselben ist der Brütling dann auf externe Energiezufuhr angewiesen und muss selbstständig auf Nahrungssuche gehen.
Die Eizahlen der Fische schwanken bisweilen sehr stark zwischen den verschiedenen Fischarten. Während bestimmte Arten, wie etwa der winzige Stichling, kaum mehr als eine Handvoll Eier produziert, legen Karpfen durchaus auch mehrere Millionen Eier pro Laichperiode ab. Man würde folglich erwarten, dass jene Fischarten, welche besonders fruchtbar sind, besonders große Bestandsdichten aufbauen, während die Bestände von Arten mit geringen Eizahlen zahlenmäßig deutlich unterlegen sind. Dem ist aber oft nicht so. Denn es hängt auch wesentlich davon ab, wie groß die Überlebenschancen pro Ei sind. Während nämlich besonders fruchtbare Arten, wie der Karpfen, seine Eier ohne weitere Fürsorge in die Gewässer entlässt, wo unzählige Fressfeinde auf sie warten, haben Arten mir geringerer Fruchtbarkeit verschiedene Strategien entwickelt, um die Überlebenschance ihres Nachwuchses zu erhöhen. Die verschiedenen Formen von Laichpflege reichen von dem Vergraben der Eier im Schotter der Fließgewässer, über das Anheften des klebrigen Laichs an die Unterseite von Steinen, bis zum Bau von Nestern und der Abgabe der Eier im Inneren von Muscheln. Zudem bewachen verschiedene Fischarten ihre Gelege nach der Eiablage, sodass von einer echten Brutpflege gesprochen werden kann.
Vergraben im Schotter – Zur Fortpflanzung von Forelle, Saibling und Äsche
Lachsartige, Salmoniden, sind besonders typische Fischarten in Südtirols Gewässer. Alle Fischlebensräume mit kalten bis kühlen Wassertemperaturen werden von Fischarten dieser Familie dominiert. Diese Fische haben einen typischen Fortpflanzungstyp entwickelt, jenen der so genannten “Kieslaicher”. Dabei werden die befruchteten Eier, gewissermaßen als einfache Form der Laichpflege, im Gewässer direkt im lockeren Kies vergraben. Hier können sich dann die Eier, im durchströmten, sauerstoffreichen Kieslückensystem geschützt vor Fressfeinden entwickeln. Selbst die nach mehreren Wochen bis Monaten schlüpfenden Dottersacklarven verbleiben noch eine Weile im schützenden Gewässerboden. Erst mit Aufzehren der Energiereserven kommen die Brütlinge nach und nach in die offene Wassersäule, um aktiv auf Nahrungssuche zu gehen. Bei Forellen und Saiblingen heben die Rogner mit Schlägen der Schwanzflosse bisweilen recht tiefe Laichgruben im Schotter aus, wo dann die Eier abgelegt und das Nest wieder zugeschüttet wird. Hingegen legen Äsche, wenn überhaupt, nur sehr flache Gruben aus, zumeist rieseln die Eier – sie sind viel kleiner als bei Forellen oder Saiblingen – ohne weitere Anstrengungen der Mutter direkt in den lockeren Schotter ein.
Der Vorteil dieser Fortpflanzungsstrategie liegt auf der Hand. Im Schotter des Baches ist der heranreifende Nachwuchs vor Fressfeinden geschützt und selbst Hochwässer können die Eier hier zumeist schadlos überdauern.
Die enge Bindung der Salmoniden an den Kies der Flüsse macht sie aber besonders empfindlich gegenüber menschlichen Eingriffen: Kiesentnahmen als Folge der Bautätigkeit, abrupte Wasserstandsschwankungen oder die Verkittung einst lockerer Kiesflächen als Folgen der Wasserkraft lassen intakte Laichstätten im seltener werden, was nicht ohne Folgen für die Bestände der Salmoniden bleibt.
Krautlaicher – Die Fortpflanzung von Karpfen, Schleie und Co.
Neben den Salmoniden als typische Kieslaicher betrifft ein zweiter Fortpflanzungstyp mit weiter Verbreitung in Südtirol die so genannten “Krautlaicher”. Die Bezeichnung soll verdeutlichen, dass die zugehörigen Fischarten, viele Karpfenfische, wie Karpfen, Schleie, Rotauge, Rotfeder und Brachse, aber auch der Hecht, auf Wasserpflanzen für die Eiablage angewiesen sind. Zur Fortpflanzungszeit, im zeitigen Frühjahr beim Hecht und zwischen Frühjahr und Sommer bei den allermeisten Karpfenfischen, werden die klebrigen Eier direkt an Unterwasserpflanzen angeheftet, wo aus den Eiern im warmen Wasser innerhalb weniger Tage die Larven schlüpfen.
Aus dem Gesagten wird klar, dass die Entnahme der Unterwasservegetation – vor allem wenn zur Fortpflanzungszeit durchgeführt – an Seen und Gräben den Nachwuchs dieser Fischarten schädigen kann und negativen Folgen für diese Fischbestände bewirken kann.
Wie ein Vogel unter Wasser – der dreistachelige Stichling
Eine besonders ausgefallene Strategie zur Fortpflanzung hat der Dreistachelige Stichling entwickelt. Er macht es den Vögeln gleich und baut unter Wasser ein kugelförmiges Nest aus Wasserpflanzen am Gewässergrund. Am Eingang der Bruthöhle macht der zur Laichzeit prächtig gefärbte männliche Stichling mit einem “zickzack” Tanz auf sich aufmerksam und erreicht damit, dass laichbereite Weibchen ins Nest gelangen, um den Laich abzugeben. Dort bewacht der Stichlings Vater dann seinen Nachwuchs, der von mehreren Weibchen stammen kann und verteidigt die heranreifenden Eier gegen Eindringlinge.
Im Inneren der Muschel – Die Eiablage des Bitterlings
Der hierzulande eigentlich nicht heimische Bitterling, ein Kleinfisch mit höchstens 8-10cm Länge, nutzt zur Fortpflanzung das Vorkommen von Großmuscheln. Der weibliche Bitterling weist eine lange Verlängerung am Hinterleib, eine so genannte Legeröhre, auf. Mit dieser werden die Eier zur Fortpflanzung direkt in das Innere einer Muschel abgegeben. Nachfolgend befruchtet das Männchen die Eier. Die Eier des Bitterlings entwickeln sich damit in Sicherheit und werden zudem durch die Atembewegungen der Muschel laufend mit Frischwasser versorgt.
Männer unerwünscht! Zur Fortpflanzung des Giebels
Der aus Asien stammende und daher hierzulande als exotisch eingestufte Giebel weist eine besonders ausgefallene Fortpflanzungsbiologie auf. Tatsächlich werden die allermeisten Bestände des dem Karpfen ähnelnden Fisches in Mitteleuropa ausschließlich (!) aus weiblichen Tieren aufgebaut. Männliche Tiere sucht man hier vergeblich, sodass sich die Frage stellt, wie sich diese Fische vermehren können. Der Giebel gibt zur Fortpflanzungszeit im Frühsommer im Beisein anderer laichender Karpfenfische ihre Eier ab. Diese Eier werden dadurch in der Entwicklung angeregt, entwickeln sich dann aber, ohne dass es zu einer Verschmelzung von Ei und Samenzelle gekommen ist. Die Nachkommen sind als Klone aus genetischer Sicht nicht von ihrer Mutter zu unterscheiden.