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Und sie beißen doch! Sternstunden trotz "Sommerloch"

Lago di Caldonazzo

Eigentlich hätte es nur ein ruhiges, verlängertes Wochenende an einem unserer Lieblingsgewässer werden sollen. Ein paar Tage im Zelt ausspannen und das schöne Sommerwetter genießen. Natürlich hatten wir auch das Angelgerät mit eingepackt, doch aufgrund der Augusthitze und der dann traditionellen Beißflaute der Flossenträger sollte die Angelei für dieses eine Mal eine Nebenrolle spielen….eigentlich…

Mitte August hatten wir uns bei bestem Badewetter in Richtung Süden aufgemacht. Unser Ziel war ein Campingplatz am Westufer des Lago di Caldonazzo. Die Buchungslage am Campingplatz bestärkte uns in dem Glauben, dass wir wahrlich nicht die beste Periode zum Angeln ausgwählt hatten. Seit Wochen beherrschte ein stabiles Hochdruckgebiet mit unbarmherziger Hitze das Wetter im Alpenraum. Selbst auf Hitzegewitter, welche zumindest kurzfristig für ein wenig Abkühlung hätten sorgen können, wartete man seit Tagen vergeblich. Damit zog es naturgemäß große Menschenmassen in die Nähe des kühlenden Gewässers. Trotz nahezu voller Auslastung des Campingplatzes ergatterten wir mit Glück einen der besonders begehrten, gerade frei gewordenen Uferplätze und schlugen unsere Zelte auf. Der erste Urlaubstag verflog dann auch so wie wir es eingeplant hatten. Wir verbrachten die heißen Nachmittagsstunden im Schatten am Seeufer und ließen die Seele baumeln.

Eher aus Gewohnheit als wirklich motiviert stellte ich gegen Abend des ersten Tages dann aber doch das Angelgerät zusammen. Die vor dem Zelt aufgereihten Angelruten erregten alsbald die Aufmerksamkeit eines etwa zehnjährigen Jungen, der zuerst aus sicherer Distanz das Geschehen beobachtete, dann aber stetig näher kam, ohne dabei das immer umfangreicher dargebotene Angelgerät aus den Augen zu verlieren: Es bestand kein Zweifel, wir hatten einen jungen Fischer als Zeltnachbarn. Bald verfielen wir in ein intensives Gespräch, unterhielten uns über den See, die vorkommenden Fischarten und die Angelei. Ein nahe unserem Zeltplatz im Liegestuhl dösender deutscher Tourist mittleren Alters ließ es sich nicht nehmen unserem Zwiegespräch und lauschen und immer wieder zu kommentieren. Der See, der Lago di Caldonazzo, sei zweifelsohne ein wunderbares Reiseziel, inmitten einer traumhaften Landschaft, so unser Nachbar. Ein perfektes Urlaubsdomizil für die ganze Familie, ideal zum Zelten, Radfahren und Wandern. Nur zum Fischen, so unser ein wenig aufdringlicher Nachbar weiter, sei der See völlig ungeeignet. Er selbst sei Gewässerwart in seiner Heimat und wisse schließlich, wovon er rede. Der Lago di Caldonazzo beherberge freilich viele Barsche, nur sei an diesem See eben Quantiät, nicht aber Qualität zu erwarten. In mehr als 20 Jahren Sommerurlaub habe er niemals einen auch nur halbstarken Flussbarsch gesehen, schloss unser Nachbar sichtlich von sich selbst überzeugt.

Nico, so der Namen meines soeben kennengelernten wissbegierigen, jungen Angelfreunds, war von den Ausführungen unseres Nachbarn aber keineswegs zu beeindrucken und löcherte mich weiter mit Fragen über den See und sein Fischvolk. Als spät abends, es muss wohl nach 22:00 gewesen sein, Nico's Mutter ein wenig besorgt ob des so nicht und nicht heimkehrenden Jungen unseren Zeltplatz aufsuchte, hatte ich mich mit Nico für den nächsten Tag längst zum Fischen verabredet. Einen Flussbarsch wollte Nico fangen, einen großen noch dazu….ein tatsächlich schwieriges Unterfangen.

Ich schlief schlecht in jener Nacht. Es mag wohl auch an der schwülen Tropennacht gelegen haben, vor allem aber beschäftigte mich die knifflige Aufgabe für den folgenden Tag. Tatsächlich waren auch meine Flussbarschfänge in der Vergangenheit im Hochsommer ziemlich durchwachsen gewesen. Im Frühjahr und dann wieder im Herbst bot der See immer wieder grandiose Fischerei auf Barsche, auch auf große Einzelfische. Die Einschätzung unseren Zeltnachbarn, dass der See keine großen Barsche beherbergen sollte, war also definitiv falsch. Doch um Mitte August, bei Hitze und Algenblüte, waren die Chancen auf einen großen Barsch tatsächlich bescheiden, da musste ich den pessimistischen Einwürfen unseres Zeltnachbarn insgeheim doch recht geben.

Irgendwie muss sich Petrus meine gedankenerfüllte, ruhelose Nacht doch zu Herzen genommen haben, anders kann ich mir die Geschehnisse des Folgetages kaum erklären. Jedenfalls erwartete mich Nico (viel zu früh…) am nächsten Morgen vor meinem Zelt voller Tatendrang und Zuversicht. Der Vormittag verlief dann aber wie ich es befürchtet hatte. Mit verschiedenen Kunstködern befischten wir die Steilkante, welche direkt am Ufer des Campingplatzes verlief und wo der Grund rasch auf etwa 7-8 m Tiefe abfiel. Nichts! Nicht einmal halbstarke Flossenträger ließen sich von unseren Ködern überlisten. Ich aber war mehr und mehr von der unverwüstlichen Ausdauer meines jungen Angelfreundes begeistert, der unter den wohlwollenden Blicken der ab und zu vorbeischauenden Mutter Wurf auf Wurf platzierte und nicht einmal von der immer unbarmherziger vom Himmel brennenden Sonne zu vertreiben war.

Gegen Mittag fiel mein verzweifelter, die Köderbox durchsuchende, Blick auf eine Auswahl von winzig kleinen, künstlichen Fliegen. Unscheinbare Nymphen, gebunden am 18er Goldhaken, und mit nicht viel mehr als einem roten Farbtupfer und Klarlackschicht garniert. Die filigranen Köder sollten Planktonkrebse des Freiwassers imitieren. Ein Versuch damit sollte jedenfalls nicht schaden können, so dachte ich mir. Bereits beim ersten Wurf erreichte das leichte Endblei der Montage nicht einmal mehr den Gewässergrund, sondern wurde in etwa halber Tiefe vehemment von einem schweren Fisch attackiert. Nach aufregendem Drill landeten wir gemeinsam einen stattlichen Flussbarsch, der die 40 cm Marke nur unwesentlich verfehlte. Schnell war eine zweite Zupfrute aufgebaut und wir fischten intensiv weiter. Nach und nach gesellten sich immer mehr gute Fische hinzu, darunter auch wahrlich kapitale Fische jenseits der Kilogramm Grenze. Das Geschehen an jenem unscheinbaren Uferabschnitt, ironischerweise lag der beste Fangplatz genau zu Füßen des Zeltplatzes unseres deutschen Nachbarn, bleib natürlich nicht lange unbemerkt. Die beiden Söhne unseres deutschen Nachbarn hatten unsere Fänge beobachtet und kamen mit ihren Angelruten angelaufen, um sich ein paar der winzigen Köder zu erbitten. Den gesamten Nachmittag fischten wir gemeinsam auf Barsch, während der sichtlich gewandelte und sich nun ziemlich wortkarge gebende Nachbar mir ab und zu ein kühles Bier anbot.

Als wir gegen Abend unseren Angeltag beendeten, hatten wir dem See viele schöne Barsche entlockt, von denen die größten von den Jungfischern zu ihren Zeltstätten gebracht wurden. Wenig später war der Duft von frisch gegrilltem Fisch wahrzunehmen, der für diesen Abend das Fleisch vom Supermarkt ersetzte.

Den Jungfischer Nico habe ich seit damals nicht mehr wiedergesehen. Angesichts der Begeisterung und der Ausdauer, die er bei dieser Hitzeschlacht an den Tag legte, bin ich mir aber sicher, dass er nach wie vor seiner Angelleidenschaft nachgeht.

Text: FishFirst

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